Okt 09

Joy Fielding – Tanz, Püppchen, tanz

Joy Fielding - Tanz, Püppchen, tanz

Joy Fielding – Tanz, Püppchen, tanz

Die Kritik auf der Rückseite des Buches versprach „Hochspannung bis das Stromkabel qualmt“. Wie konnte ich da widerstehen?

 

Zum Buch:

Die junge Anwältin Amanda Travis lebt und arbeitet in Florida. Schockiert reagiert sie auf die Nachricht ihres Ex-Mannes, dass ihre Mutter einen scheinbar fremden Touristen in einem Hotel erschossen erhaben soll. Ihre Mutter schweigt eisern über das Warum, gibt aber zu es getan zu haben. Nur widerwillig macht sich Amanda in ihre Heimatstadt Toronto und damit in ihre Vergangenheit auf – dachte sie doch, beides hinter sich gelassen zu haben.

 

Dieses Buch legt ganz eindeutig mehr Gewicht auf die Suche der Hauptfigur nach einem Platz im Leben als auf einen komplizierten Krimiplot. So ist die Figur der Amanda Travis gut und schlüssig herausgearbeitet. Mag sie manchen auch zu nervig oder zickig erscheinen, folgen die Charakterzüge ganz klar der Linie des Buches.

Es wird entsprechend der Gewichtung viel Zeit mit dem Privat- und Liebesleben der Figur verbracht. Die Krimigeschichte muss sich dementsprechend etwas hinten anstellen. Doch unspannend ist sie nicht. Obwohl man weiß, dass es sich um ein dunkles Familiengeheimnis handeln muss, ist der endgültige Plot lange nicht vorhersehbar.

Was dieses Buch etwas langatmig macht, ist die unnötige Wiederholung von einzelnen Sätzen oder wichtigen Ereignissen. So lässt sich die Hauptfigur immer wieder Gesprächsfetzen wie ein Mantra durch den Kopf gehen. Aber auch neu gewonnene Erkenntnisse werden immer und immer wiederholt. Fast scheint es so, als müsste die Autorin eine vertraglich festgelegte Seitenzahl in ihrem Buch erreichen. Auch die Angewohnheit der Hauptfigur Selbstgespräche zu führen, die am Anfang noch zur Erheiterung beiträgt, wird bis zur Schmerzgrenze ausgereizt. So bleibt am Ende ein Buch, das einem nach dem Lesen etwas unausgegoren erscheint.

 

Zusammengefasst:

Joy Fieldings 17tes Buch ist ein solider Krimi, dem etwas mehr Hingabe der Autorin gut getan hätte.

 

Aus der Redaktion:

Ähnlicher Autor: Mary Higgins Clark, Charlotte Link

Ähnliches Buch: Die Rosenzüchterin – Charlotte Link

Interessanter Fakt: Das erste in Deutschland erschienene Buch von Joy Fielding heißt: „Sag Mami Goodbye“ und wurde 1981 veröffentlicht.

 

Hörbuchempfehlung:

Sep 26

Lee Child – Outlaw

Lee Child - Outlaw

Lee Child – Outlaw

Nach der ersten Verfilmung eines Jack Reacher Romans war es an der Zeit, mal wieder ein Buch von Lee Child zu lesen.

 

Zum Buch:

Der ehemalige Militärpolizist Jack Reacher ist per Anhalter unterwegs als er in die Kleinstadt Despair kommt. Im einzigen Diner der Stadt wird ihm der Kaffee verweigert und die Polizei bittet ihn aus der Stadt zu verschwinden. Als Jack sich weigert, wird er nach einer kurzen Schlägerei wegen Landstreicherei aus der Stadt verwiesen und in die Nachbarstadt Hope eskortiert. Reacher wundert sich, warum er nach einer Schlägerei mit der Polizei nicht verhaftet, sondern nur abgeschoben wurde. Neugierig macht er sich auf den Weg zurück nach Despair.

 

Wenn man sich an ein Jack Reacher Buch macht, muss man sich im darüber im Klaren sein, dass die Story sehr stark vom Charakter seiner Hauptfigur abhängig ist. Der Mann ist stur und neugierig und verfolgt konsequent ein paar von ihm aufgestellte Regeln: Gehe niemals zurück und wie du mir so ich dir.

So lässt sich vielleicht am ehesten dieser doch recht einfache Anfangsplot des Buches erklären, der einen stark an alte Westernfilme erinnert. Ist man über den Plot aber hinweg entfaltet sich vor dem Leser eine Geschichte, die aus einem Geheimnis gleich mehrere macht und den Leser damit lange im Dunkeln lässt, was nun eigentlich genau in dieser Stadt vor sich geht. Somit ist für überraschend viel Spannung gesorgt.

Das Buch nimmt nach langsamem Beginn immer mehr an Fahrt auf. Je weiter sich Jack dem Geheimnis nähert, desto mehr Tempo entsteht. Das wird immer nur dann gedrosselt, wenn es gilt private Geschichten zu erzählen. Davon gibt es zwar nicht viele, aber man merkt dem Autor an, dass er sich die Zeit nehmen wollte, um sie in Ruhe zu erzählen. Das gibt dem Buch eine Tiefe, die man am Anfang gar nicht erwartet.

Lee Child hat einen sehr guten und flüssigen Schreibstil, der es dem Leser einfach macht das Buch zu lesen. Manchmal wird es in den Beschreibungen der Umwelt etwas zu ausführlich, aber nie so stark das man sich zu langweilen beginnt.

Neben der alles überschattenden Figur von Jack Reacher bleiben die anderen Charaktere fast automatisch etwas zurück. Bis auf wenige Ausnahmen sind die Figuren nur schattenhaft angerissen. Dabei erscheinen diese aber nie zu oberflächlich oder klischeehaft.

Die Figur des Jack Reacher muss man mögen, um seine Bücher zu mögen. Ansonsten kommt einem das Buch wahrscheinlich einfallslos, langweilig und machoartig vor. Freundet man sich aber mit ihm an, erhält man ein spannendes Buch, in dem ein Mann seinen Prinzipien treu bleibt und in einer Art Ein-Mann-Armee die Frau erobert, danach die Welt rettet und immer einen lockeren Spruch auf Lager hat. Der zwölfte Teil der Jack Reacher Serie bietet altbekanntes, aber auch einige Überraschungen und verhindert so, dass man den Eindruck gewinnen könnte, die Reihe werde langweilig.

 

Zusammengefasst:

Hat man sich mit dem Helden der Geschichte angefreundet, wird man auch im zwölften Teil bestens unterhalten.

 

Aus der Redaktion:

Ähnlicher Autor: Michael Connelly, David Baldacci

Ähnliches Buch: Wüstenfeuer – Clive Cussler

Interessanter Fakt: Der erste Jack Reacher Roman erschien 1998 in Deutschland unter dem Namen „Größenwahn

 

Hörbuchempfehlung:

Sep 16

James Sallis – Driver

 

James Sallis - Driver

James Sallis – Driver

Sallis Buch wurde sehr erfolgreich mit Ryan Gosling in der Hauptrolle verfilmt.

 

Driver ist einer der besten Stuntfahrer Hollywoods. Nebenbei fährt er Fluchtwagen bei Raubüberfällen. Als einer dieser Überfälle schief geht und Driver nur knapp mit seinem Leben und dem Geld entkommt, ahnt er schon, dass es nicht so einfach sein wird mit heiler Haut aus dieser Geschichte wieder raus zukommen.

 

Eines muss man vorneweg sagen: Der Film beruht zwar auf dem Buch von James Sallis – hat sich aber dazu entschieden die Geschichte zu vereinfachen und in eine chronologische Reihenfolge zu bringen. Wer also zuerst den Film gesehen hat, wird sich über das wilde Hin- und Herspringen der Geschichte wundern. Auch sind viele im Film benutzte Erzählstränge im Buch nur kurz angerissen.

Das Buch glänzt durch seine atmosphärische Düsternis, seine Härte und ist damit ein würdiger Vertreter des Noir-Krimi. Der Antiheld dieser Geschichte will nichts als fahren, wird aber durch äußere Umstände gezwungen Gewalt zu verüben, um zu überleben. Ganz so wie es das Genre vorsieht.

Sallis hat sich gegen eine chronologische Erzählstruktur entschieden und fährt damit im wahrsten Sinne des Wortes sehr gut. So wird der Leser gezwungen aufmerksam zu bleiben. Die Sätze sind, genauso wie die Hauptfigur, wortkarg. Viele Erzählstränge werden nur angerissen, vieles bleibt im Dunkeln und der Phantasie des Lesers überlassen.

 

Zusammengefasst:

Ein kurzer aber starker Noir Krimi der neuen Generation.

 

Aus der Redaktion:

Ähnlicher Autor: Ed McBain

Ähnliches Buch: Der Fahrer – Andrew Vachss

Interessanter Fakt: Im Jahr 2012 erschien die Fortsetzung mit dem Titel „Driver 2“

 

Hörbuchempfehlung:

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Verfilmung:

Sep 08

Kate Atkinson – Die vierte Schwester

 

Kate Atkinson - Die Vierte Schwester

Kate Atkinson – Die Vierte Schwester

Dieses Buch wurde mir direkt nach dem Erscheinen von Bekannten empfohlen. Nun kam ich endlich dazu es zu lesen.

 

Zum Buch:

Privatdetektiv Jackson Brodie muss sich um drei Fälle zeitgleich kümmern. Zum einen haben ihn die Schwestern Julia und Amelia beauftragt herauszufinden, was mit ihrer Schwester Olivia geschehen ist. Diese verschwand vor über dreißig Jahren spurlos. Nun fanden die Schwestern nach dem Tod des Vaters in dessen Schreibtisch Olivias Kuscheltier, das damals mit ihr verschwand. Außerdem soll er Theo bei der Suche nach dem Mörder von dessen Tochter helfen und Shirley ist auf der Suche nach dem Kind ihrer Schwester.

 

Man sollte sich Zeit für dieses Buch lassen, weil sich das Buch ebenfalls Zeit lässt. Es ist definitiv kein Buch, das man zwischen Tür und Angel lesen sollte, denn die Autorin nimmt sich genügend Zeit, um ihre Figuren in die auf drei Geschichten aufgeteilte Story einzuführen und leiden zu lassen. Auch wenn das menschliche in diesem Buch klar den Ton angibt, ist in den Krimiplots genügend Spannung vorhanden, um den Leser bis zum Ende zu fesseln.

Es sind Geschichten über den Verlust eines Menschen und über die Verarbeitung respektive die Verdrängung des Verlustes. Sehr menschlich und intensiv werden diese drei Geschichten erzählt. Dabei wendet die Autorin drei interessante Kniffe an. Zum einem besteht, wie oben erwähnt, die Geschichte scheinbar aus drei eigenständigen Geschichten. Zum anderen gibt es viele Perspektivwechsel in diesem Roman und letztlich hat die Autorin viele Rückblenden eingebaut um zu zeigen, dass Zeit manchmal eben doch keine Wunden heilen kann. So bekommt fast jede der handelnden Figuren die Möglichkeit, das Geschehene aus ihrer persönlichen Sicht zu erzählen. Zwar werden damit Ereignisse mehrmals erzählt, erhalten aber durch die veränderten Sichtweisen oft neue Bedeutungen. Zusätzlich entsteht eine wunderbare Intensität auf die wichtigen Szenen in diesem Buch.

Die Sprache in diesem Buch ist klar und einfach. Große Ausschmückungen fallen aus. Dafür konzentriert sich die Autorin zu Recht lieber auf ihre starken Figuren. Mit ihrem kühlen Schreibstil gelingt es der Autorin jeder einzelnen Figur einen Hauch von Melancholie mit auf den Weg zugeben.

Zusammengefasst:

Menschliche Tragödien stehen in diesem Buch klar im Vordergrund. Dennoch treibt die Spannung den Leser immer weiter voran.

 

Aus der Redaktion:

Ähnlicher Autor: Tanja French

Ähnliches Buch: Der kalte Hauch der Angst – Pierre Lemaitre

Interessanter Fakt: In diesem Buch taucht der Detektiv Jackson Brodie zum ersten Mal auf.

 

 

Sep 01

Paul Cleave – Das Haus des Todes

Paul Cleave - Das Haus des Todes

Paul Cleave – Das Haus des Todes

Ich hatte vor Jahren von Paul Cleave „Der Siebte Tod“ gelesen und wollte nun lesen, was es neues aus Neuseeland gibt.

 

Zum Buch:

Caleb Coles Tochter ist ermodert worden. Durch einen Verfahrensfehler könnte der geistig behinderte Täter freikommen. So nimmt Caleb das Recht selbst in die Hand und tötet den Mörder. Nachdem er dafür 17 Jahre im Gefängnis saß, will er nun in einer Nacht Rache an denen nehmen, die den Mörder seiner Tochter nach dessen erster Tat nicht für immer weggesperrt haben. Im Ermittlungsteam der Polizei sitzt auch Theodore Tate, der eine ganz ähnliche Geschichte wie Caleb zu erzählen hat. Er ist es dann auch, an den sich Caleb wendet um seinem Ziel, der Rache, näher zu kommen.

 

Über weite Strecken ist dies ein gut gemachter Thriller, der sich mit den Themen Recht und Gerechtigkeit und Schuld und Sühne auseinandersetzt. Die Spannung bleibt lange Zeit hoch, wenn man Caleb Cole durch die Nacht und seinem Leben davor folgt. Sehr nett sind auch die kleinen Andeutungen auf Paul Cleaves frühere Bücher.

Wenn man dieses Buch zu Ende gelesen hat, wird man allerdings das Gefühl nicht los mit der Moralkeule vermöbelt worden zu sein. Einmal zu oft muss man sich als Leser mit den Fragen, was ein Menschenleben wert ist und wer die Schuld an diesem Drama trägt, auseinandersetzen. Die Charaktere sind zweifelsfrei gut gezeichnet und größtenteils glaubwürdig. Vielleicht sind die Hauptfiguren etwas zu dunkel geworden. So wird man manchmal den Eindruck nicht los, dass sich das Leid der ganzen Welt auf sie stützt. Es gibt leider auch ein paar Wendungen im Buch, die man als Leser nur schwer nachvollziehen kann. Gerade was das Verhalten der beiden Polizisten angeht, muss man sich gegen Ende des Buches sehr oft fragen; warum handeln sie so irrational?

Auf dem Weg zum Showdown verliert das Buch dann allerdings endgültig an Fahrt und Glaubwürdigkeit. Vielleicht wären am Ende weniger Moralfragen mehr gewesen.

 

 

Zusammengefasst:

Ein Buch über Schuld und Sühne im Thriller-Format. Gegen Ende einfach zu überdreht um wirklich gut zu sein.

 

Aus der Redaktion:

Ähnlicher Autor: Chris Carter

Ähnliches Buch: Blutiges Schweigen – Tim Weaver

Interessanter Fakt: Paul Cleave arbeitete sieben Jahre als Pfandleiher bevor er sich ganz dem Schreiben widmete

 

Hörbuchempfehlung:

Aug 27

Lisa Jackson – Zwillingsbrut

 

Lisa Jackson - Zwillingsbrut

Lisa Jackson – Zwillingsbrut

Vor Jahren hatte ich schon mal ein Buch um die Detectives Pescoli und Alvarez in der Hand. Jetzt wollte ich wissen, was aus den beiden geworden ist.

 

Zum Buch:

Die Ärztin Kacey Lambert ist verwirrt. Erst begeht eine Schauspielerin, die ihr erstaunlich ähnlich sieht scheinbar Selbstmord, dann wird in das Krankenhaus, in dem sie arbeitet eine Frau eingeliefert, die ihr ebenfalls ähnlich sieht. Die Frau scheint beim Joggen verunglückt zu sein. Detective Selena Alvarez ist nicht davon überzeugt; sie geht von einem versuchten Tötungsdelikt aus. Als der Farmer Trace der Ärztin erklärt, dass sie nicht nur dem Opfer sondern auch seiner vor Jahren weggelaufenen Frau zum Verwechseln ähnlich sieht, beginnt die Ärztin mit eigenen Ermittlungen, um heraus zu finden ob es noch mehr „Zwillinge“ von ihr gibt.

 

Die obige Inhaltsangabe lässt es schon vermuten: Der Plot dieses Thrillers ist etwas weit hergeholt. Da hilft es auch nicht, dass dieses Buch sehr gut und flüssig geschrieben ist, die Charaktere gut herausgearbeitet sind und genügend Tiefe haben um nicht klischeehaft zu wirken. Es gibt auch durch die Vielzahl der handelnden Personen genügend Nebengeschichten, so dass man sich als Leser nicht zu langweilen beginnt. Doch so richtig mitreißen will es einen nicht.

Die Handlung ist einfach zu schwach, um ein ganzes Buch mit Spannung zu füllen. Hilfreich wäre es vielleicht gewesen auf die Sicht des Mörders zu verzichten. So aber kann man sich als Leser sehr früh alles zusammenreimen. Also gleitet man durch dieses Buch dahin als ob man bei einem Lied im Radio nur mit einem Ohr zuhört. Zu allem Überfluss verrät einem der Titel des Buches auch zu viel. Der Verlag hätte sich lieber an den Originaltitel „Born to Die“ gehalten.

 

Zusammengefasst:

Ein Thriller dem die Spannung abhanden gekommen ist. Da gibt es weitaus bessere Bücher von Lisa Jackson.

 

Aus der Redaktion:

Ähnlicher Autor: Mary Burton, Karen Rose

Ähnliches Buch: Mein Wille sei dein Wille – Mary Burton

Interessanter Fakt: Die Autorin hat auch unter dem Pseudonym Susan Lynn Crose Bücher veröffentlicht.

 

Aug 17

Friedrich Ani – Süden

Friedrich Ani - Süden

Friedrich Ani – Süden

„Süden“ belegte Platz 2 des Deutschen Krimipreises im Jahr 2012.

 

Zum Buch

Der ehemalige Polizist Tabor Süden ist zurück in München. Er nimmt einen Job als Detektiv an und soll nun den seit zwei Jahren vermissten Wirt Raimund Zacherl finden. Die Gespräche mit seinen Freunden und Bekannten zeigen schnell, dass den Wirt scheinbar niemand wirklich kannte.

 

Hat man dieses Buch zu Ende gelesen, kann es durchaus passieren, dass man erleichtert ist. Zum einen erleichtert darüber, dass man nun endlich wieder Luft holen kann. Denn spannend ist dieses Buch, keine Frage. Manche Passagen sind so mitreißend geschrieben, dass man beim Lesen das Gefühl hat den Atem anzuhalten. Dabei passiert eigentlich nicht viel in diesem Buch. Der Detektiv sucht einen Vermissten und redet mit Menschen, die ihn kannten, oder das zumindest dachten. Aber die Menschen und deren Geschichten sind so lebensnah, dass man als Leser dem Sog dieses Buches fast nicht entgehen kann.

Genau das ist der zweite Grund, aus dem man man erleichtert ist, dieses Buch aus der Hand zu legen. Man ist dieser deprimierenden Atmosphäre entkommen. Denn dieses Buch ist auch voller Geschichten über Menschen, die sich fragen:“ Ist mein Leben eigentlich lebenswert?“ Und über Menschen, die sich diese Frage lieber nicht stellen wollen. Viel Alkohol fließt die Kehlen hinunter, Zigaretten werden geraucht und in dunklen Kneipen über das Leben philosophiert. Nach dieser Lektüre hat man einfach dass Bedürfnis draußen in der Sonne einen langen Spaziergang zu machen und über das eben gelesene nachzudenken.

 

Zusammengefasst

Atmosphärisch dichte Geschichte über Lebensträume. Ein eindrucksvoller Krimi der leisen Art.

 

Aus der Redaktion:

Ähnlicher Autor: Fred Vargas

Ähnliches Buch: Wahrheit – Peter Temple

Interessanter Fakt: Friedrich Ani wurde bisher fünfmal mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet (einmal Platz 1, viermal Platz 2).

 

Hörbuchempfehlung:

Aug 03

Josh Bazell – Schneller als der Tod

Josh Bazell - Schneller als der Tod

Josh Bazell – Schneller als der Tod

Dieses Buch von Josh Bazell wurde mir mit dem Wort „superlustig“ empfohlen.

 

Zum Buch:

Dr. Peter Brown ist im Zeugenschutzprogramm. Früher war er als Auftragskiller der New Yorker Mafia unterwegs, jetzt arbeit er in einem Krankenhaus in Manhattan. Ausgerechnet dort trifft er auf einen Mafioso mit Krebs im Endstadion. Um zu verhindern, dass seine neue Identität an die Mafia weitergegeben wird, versucht er nach einer Absprache den Patienten durch eine schwierige Operation zu bringen.

 

Josh Bazell ist mit seinem Debüt etwas sehr seltenes gelungen. Seine Story, seine Hauptfigur und sein Schreibstil sind innovativ und stechen damit aus der Masse der Thriller heraus. Eigentlich ist das Buch in zwei Handlungsstränge aufgeteilt. Neben der Geschichte im Krankenhaus wird auch die Geschichte erzählt, wie und warum Peter Brown zum Killer für die Mafia wurde. Beide Storys für sich genommen sind schon spannend und gut erzählt. Aber sie nehmen durch die erzähltechnisch sehr geschickt umgesetzte Idee, beide Erzählstränge immer abwechselnd zu erzählen, rasant an Fahrt auf. So wird das Spannungslevel sehr hoch gehalten und es dem Leser schwer gemacht, eine Pause einzulegen. Dies ist immer ein Zeichen dafür, dass die Cliffhanger gut gesetzt sind.

Mit den Worten frech und zynisch kann man den Schreibstil des Autors wohl sehr gut beschreiben. So kommt man als Leser nicht umhin, sich über die Sichtweise der Hauptfigur köstlich zu amüsieren, nur um kurz darauf festzustellen, dass man sich immer noch in einem Thriller befindet. Denn es fließt doch einiges Blut in diesem Buch und zimperlich wird mit dem Leben der Figuren auch nicht gerade umgegangen.

Die Charaktere bleiben alle im Schatten der Hauptfigur. Das ist weiter nicht schlimm. Denn zum einem sind sie doch so weit herausgearbeitet um interessant zu sein und zum anderen ist der zynische Dr. Brown so facettenreich, dass man sich als Leser gerne auf ihn fokussiert.

Der Autor studierte unter anderem Medizin, was man an den gut recherchierten und sehr ausführlichen Exkursionen in den Krankenhausalltag bemerkt. Trotz der ausführlichen Beschreibungen über Krankheits- und Operationsverläufe wird dieses Buch nicht langweilig, weil es auch dabei sprachlich unwiderstehlich frech bleibt. Auf der anderen Seite ist es nichts für schwache Nerven. Schließlich werden nicht nur bei Operationen Menschen aufgeschnitten.

 

Zusammengefasst:

Ein sehr gelungener Thriller, der mit einer guten Portion Zynismus gewürzt ist.

 

Aus der Redaktion:

Ähnlicher Autor: John Niven

Ähnliches Buch: Kill Your Friends – John Niven

Interessanter Fakt: Schneller als der Tod wurde 2010 mit dem deutschen Krimipreis ausgezeichnet.

 

Hörbuchempfehlung:

Jul 29

Mechtild Borrmann – Wer das Schweigen bricht

Mechtild Borrmann - Wer das Schweigen bricht

Mechtild Borrmann – Wer das Schweigen bricht

Mechtild Borrmann gewann mit diesem Buch den Krimipreis 2012 in der Kategorie National.

 

Zum Buch:

Robert Lubisch findet im Nachlass seines Vaters das Bild einer Frau, die er nicht kennt. Neugierig geworden macht er sich auf die Suche nach der Frau. Unterstützt wird er von einer Journalistin, die eine große Story wittert. Keiner der beiden ahnt wie dunkel die Geschichte um Liebe und Verrat wirklich ist.

 

Die äußere und auch zum Teil die innere Aufmachung des Buches erinnern einen stark an die Romane von Friedrich Dürrenmatt. Da ist ein scheinbar einfacher Plot, der aufgrund sprachlichen Geschicks ausgeweitet wird zu etwas tragischem, das alle handelnden Personen umschließt. Ähnlich wie bei einem Theaterstück gibt es wenige Schauplätze dafür aber viele intensive Dialoge, welche die Story vorantreiben.

Es ist ein intensives Buch, das sich nicht mit Nebensächlichkeiten aufhält. Sofort ist man in der Geschichte über Liebe, Verrat, Politik, Geschichte und Mord. Die Geschichte wird in zwei Zeitsträngen erzählt: 1939 und 1997. Um all das unter einen Hut zu bringen werden oftmals Hintergrundgeschichten der Personen vernachlässigt und Nebengeschichten nur angerissen. Trotzdem wirken die Personen gut gezeichnet und das Buch, trotzt des gewichtigen Inhaltes und der geringen Seitenzahl, nicht überfrachtet.

Das Schicksal der Menschen steht in diesem Buch ganz klar, ganz im Sinne von Dürrenmatt, über dem „einfachen“ Krimiplot.

 

Zusammengefasst:

Dies ist ein Krimi der einem viel mehr bietet als es auf den ersten Blick erscheint.

 

Aus der Redaktion:

Ähnlicher Autor: Elisabeth Herrmann

Ähnliches Buch: Versunkene Gräber – Elisabeth Herrmann

Interessanter Fakt: Mechtild Borrmann arbeitet eine Zeitlang als Tanztheater-Pädagogin für verschiedene Tanz- und Theaterprojekte.

 

Hörbuchempfehlung:

Jul 23

Andrea Camilleri – Das Netz der großen Fische

Andrea Camilleri - Das Netz der grossen Fische

Andrea Camilleri – Das Netz der grossen Fische

Andrea Camilleri gilt als einer der besten italienischen Krimiautoren.

 

Zum Buch:

Der Sohn eines führenden Politikers wird beschuldigt seine Verlobte ermordet zu haben. Die war zufälligerweise die Tochter eines politischen Gegners seines Vaters. Michele Caruso, Programmdirektor eines Fernsehsenders, hält die Nachricht zuerst zurück. Zum einem, weil sie von der Polizei noch nicht bestätigt worden ist und zum anderen, weil er ahnt, dass jedes Wort in dieser Geschichte zu einem intriganten Machtspiel führen kann.

 

Andrea Camilleri erschafft in diesem Buch einen kleinen Mikrokosmos, in dem die politische Intrige mehr wiegt als ein Menschleben. Der Autor lässt die Ermittlungsarbeit in dem Mordfall fast gänzlich unter den Tisch fallen, stattdessen konzentriert er die Geschichte auf den Programmdirektor Caruso. Dieser muss sich durch eine politische und hauseigene Intrige bewegen nur um festzustellen, dass alles am Ende miteinander verbunden ist. Damit sieht man als Leser das Netz der Intrigen aus einer einzigen Perspektive und fühlt sich wie die Hauptfigur manchmal nur als Schachfigur in einem Spiel, welches man lange nicht durchschauen kann. Die Spannung dieses Buches wird durch die Fokussierung auf den Programmdirektor und dessen Unwissenheit geschickt hochgehalten.

Man ist in diesem Buch ganz nah an den Figuren dran. Fast wie bei einem Theaterstück wird dabei auf viele Nebenhandlungen oder Perspektivwechsel der Figuren verzichtet und am Anfang des Buches werden die Personen und ihre Rollen beschrieben. Auch die Handlungsorte sind begrenzt. Jeder scheint jeden zu kennen und jede der handelnden Figuren ist bemüht ein Stück vom großen Ganzen abzubekommen. Wunderbar sind, wie bei fast jedem Camilleri Roman, die Dialoge zu lesen – hintergründig und auf den Punkt gebracht, eine besondere Fähigkeit des Autors. Dabei fließt auch immer eine Prise schwarzen Humors in die Dialoge mit ein.

Man kann sehr gut die Kritik des Autors am politischen System Italiens herauslesen. Fast schon ohnmächtig beschreibt Camilleri, wie wenig ein Menschenleben wert zu sein scheint im Vergleich zur Wichtigkeit des politischen und medialen Einflusses in einem Land, welches dafür bekannt ist, dass das Mafiamotto „Gibst du mir, dann gebe ich dir“ fast zum guten Ton gehört.

 

Zusammengefasst:

Fesselnd ist diese Geschichte von intriganten Machtspielen der Politik, den Interessen der Medien und den Einfluss der Mafia in Italien. Gewürzt mit einer guten Prise schwarzen Humors.

 

 

Aus der Redaktion:

Ähnlicher Autor: Donna Leon, Martin Walker

Ähnliches Buch: Auf Treu und Glauben – Donna Leon

Interessanter Fakt: Für „Das Netz der großen Fische“ erhielt Camilleri den Literaturpreis Premio de Novela Negra 2009.

 

Hörbuchempfehlung:

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